Mann, Mann, Mann – diese Vodafone-Sache lässt sich nicht abschütteln. Ich bin gerade aus Hamburg zurück und auch dort ist einem an jeder Ecke die „Generation Upload“ auf den Fersen, sei es in der Hotel-Glotze oder in Form von Hafen-Bannern mit eher zweifelhaften Werbesprüchen. Ich dachte, ich komme zurück nach Köln und die Sache sei endgültig vorüber – aber nix da.
Jetzt hat die lustige Prügelschlacht im Mitmachnetz ein erstes Opfer gefordert – vielleicht ein zweites, wenn man Sascha Lobos Image-Erdrutsch im Web 2.0 mit einbezieht: doch der macht wenigstens weiter. Wer (auf eigenen Wunsch) definitiv keine Rolle im Internet mehr spielen wird, ist Ute Hamelmann aka „Frau Schnutinger„, die als Comic-Bloggerin von Vodafone eingespannt wurde, um ein Tremolo auf das HTC Magic zu halten. Im offiziellen Es-ist-deine-Zeit-Blog lesen wir von ihr:
Seit drei Monaten habe ich ein neues Handy, das HTC Magic mit Internetanschluss. Tolles Ding, mit wenig Knöpfen dran, das ist äußerst praktisch. Mein altes Handy hatte viel zu viele Knöpfe. Zu viele Knöpfe sind nicht gut, da gibt es für mich zu viele Möglichkeiten, versehentlich an ein Knöpfchen zu kommen. Mit dem neuen Handy geht das alles zum Glück leichter, ich erwische immer das richtige Knöpfchen und ich kann die Fotos sogar direkt auf die Plattform Flickr ins Internet hochladen und in mein Blog stellen. So geht mir nichts mehr verloren und meine Handyrechnung beschert mir seitdem auch keine böse Überraschung mehr.
Zugegeben: Hätte ich Kohle für dieses überschäumende Loblieb bekommen, hätte ich es vielleicht ein wenig leiser, diskreter verfasst. Und dafür gesorgt, dass zumindest der faktische Inhalt einer kritischen Überprüfung standhält. Wirres.net weist zu Recht darauf hin: Frau Schnutinger hat zu keiner Zeit mit ihrem Vodafone-iPhone-Killer ein Bild auf Flickr hochgeschossen. Doch dass daraufhin ein Donnerwetter losbricht, das in Kommentaren wie „Ihr seid lebende Fakes. Mein Gott, wie tief wollt ihr denn für die paar Werbekröten noch sinken. Unterirdisch seid ihr doch schon.“ gipfelt, hätte ich nicht für möglich gehalten. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich die liebe Schnutiger die Sache mit „Werde ein Held!“ anders vorgestellt hat, denn nun – über hundert Kommentare (die größtenteils unter die Gürtellinie zielen) später – hat sie die Reißleine gezogen und sich vom Internetpublikum komplett verabschiedet.
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Das alles ist schon extrem krude! Die Werbung ist das eine, aber wenn mir persönlich nicht mehr geglaubt wird, dann geht nichts mehr, dann bleibt nur eins: Der Rückzug. Ich werde vielleicht irgendwann an einer ganz anderen Stelle, ganz anders weitermachen, gewiss werde ich nicht mehr Web 2.0 machen.
…schreibt sie in ihrem Blog. Und nun? Gucken die Anarcho-Kritiker in die Röhre. Zugegeben, auch ich persönlich habe an der Vodafone-Kampagne kein gutes Wort gelassen (völlig zu Recht, wie ich meine), jedoch zu keinem Zeitpunkt habe ich die große, verletzende Moralkeule gegen die bezahlten Unterstützer geschwungen. Ich sehe in erster Linie zwei Gründe, warum etablierte Netzgrößen bei dem Unterfangen mitgemacht haben: Zum einen hat es noch nie ein Unternehmen gewagt, seine Kunden so offensiv im sozialen Netz anzusprechen und zum anderen müssen auch Blogger hin und wieder Nahrung zu sich nehmen.
Gegen beide Gründe ist in keinster Weise etwas einzuwenden: Wir haben es mit einem spannenden Experiment in der Online-Welt zu tun und auf der anderen Seite müssen Blogger – wie jeder andere auch – Geld verdienen. Was mich am meisten an den Motzkritikern stört ist die Tatsache, dass hier mal wieder die am lautesten geschrien haben, die auch sonst gerne sagen: „Ne, wir zahlen keinen Cent für Inhalte und benutzen zudem Werbeblocker.“ Das Kapitel hatten wir schon. Der Leser schuldet dem Blogger nichts – der Blogger dem Leser aber alles, oder wie? Es ist keine Schande, Werbung für ein Unternehmen zu machen, im besten Fall profitiert der Anbieter, der Blogger und sein Publikum gleichermaßen.
Vielleicht ist es eines von den vielen deutschen Phänomenen, die tatsächlich nur hierzulande auffällig häufig hervortreten: Das Gemeckere, das Konservative, das Rechthaberische, die Furcht vor dem Neuen und der Neid, der Neid, der Neid. Anders sind derart persönliche Angriffe nicht zu erklären. Doch wer im Vodafone-Kontext unfair polemisiert, sollte die diffamierten Blogger lieber ordentlich für ihre Arbeit bezahlen oder meinetwegen endlich eine Maschine erfinden, die völlig ohne Zutun Dritter ein Monatsgehalt ausspuckt. Oder einfach die Klappe halten.
(André Vatter)